Spurensuche

Spaziergänge zur Nottulner Geschichte

Spurensuche 4

Sonntag, 16. März 2025

ora et labora

Das Nottulner Damenstift in Mittelalter und Neuzeit

 

Nottuln 1803

 

Nottuln um 1803
Die älteste Karte, die die Gebäude Nottulns nahezu vollständig abbildet, ist zugleich auch die einzige Ortskarte aus der Zeit vor der Auflösung (Säkularisation) des Damenstiftes
(LAV NRW, Westfalen, Karten A, Nr. 10)

 

 

Beten und Regieren: Kanonissinnen und Klosterfrauen

Die Gebäude der Klausur im Mittelalter (um 860 - 1493)

 

Plan Lobbedey 1980

 

Die Gebäude des Nottulner Klosters im Mittelalter
Rekonstruktion der Klostergebäude nach den Ausgrabungen von 1978-1979
(Lobbedey, Westfalen 1980, S. 48, Abb. 4)

 

Übersicht zur Baugeschichte der Klostergebäude

 

Bauperiode vorhandene Gebäude
1/2 860 (?) - um 1100 Kanonissenstift Holz- (?) / Steingebäude (kein Kreuzgang)
3 nach 1100 - ca. 1230 Kloster I Kreuzgang, Dormitorium, Refektorium
4 ca. 1230 - ca. 1450 Kloster II Kreuzgang, Dormitorium, Refektorium, Abtei
5 ca. 1450 - 1493
1493 - 1748
Kloster III /
Damenstift
Kreuzgang, Dormitorium, Refektorium, Abtei
nach 1524 teilweise Umbau der Klausurgebäude zu Kurien
6 1748 - 1811 Damenstift Abriss Kreuzgang, Refektorium, Abtei
Um-/Neubau des Dormitoriums ("Deventer")
1811 - 1872 Domäne Nottuln bis 1870 Schule im "Deventer"
1872 Abriss

Abfolge der Gebäude des Nottulner Klosters
(Snowadsky 2021)

 

Plan Phase 1

 

Die erste Kirche in Nottuln
erbaut wahrscheinlich kurz nach 800. Die Größe des Friedhofes ist unbekannt

 

Plan Phase 2

 

Das Kanonissenstift Nottuln im 11. Jahrhundert (Phase 1/2)

Plan Phase 3

Das Kloster von etwa 1130 bis etwa 1230 (Phase 3)

 

Die Äbtissinnen des Klosters/Stiftes Nottuln

 

Äbtissin Amtszeit
(unbekannt) (9. - 12. Jahrhundert)
Hildegundis um 1184
Bertradis um 1200
Jutta I. von Holte 1211-1252
Gertrudis von Bentheim 1263-1277 (1303)
Mechtild von Isenburg 1277-1303
Jutta II. von Holte 1309-1327
Lisa von Katzenelnbogen 1327-1357
Lisa von Solms 1360-1409
Richardis von Merode 1428-1431
Agnes von Ahaus 1437-1467
vakant (Priorin: Stephania von Wüllen) (1467-1492)
Anna von Dorsweiler-Criechingen 1482-1524
Elisabeth von Holstein-Schaumburg 1524-1537
Magdalena von Wied-Runkel 1537-1572
Elisabeth von Sayn 1572-1585
Elisabeth Droste zu Senden 1588-1613
Elisabeth von dem Berghe 1613-1614
Maria Clara von Spaur 1614-1644
Anna Sophia (von) Torck 1645-1676
Elisabeth Wilhelmina von Büren 1676-1699
Helena Elisabeth von Wrede 1699-1728
Margaretha Theodora von Velen 1728-1750
Maria Anna von der Reck 1750-1780
Ursula Sophia von Ascheberg 1780-1811

Die 23 (bekannten) Äbtissinnen des Stiftes Nottuln
(Kohl 2005, S. 211-243)

 

Plan Phase 4

 

Das Kloster Nottuln zwischen 1230 und etwa 1450 (Phase 4)
Nach dem Neubau der Kirche und des Klosters wurde der Gemeindefriedhof nach Norden verlegt

 

Plan Phase 5

 

Das Kloster Nottuln ab etwa 1450 (Phase 5)
Mit dem Neubau der Klausur (um 1450) und der Kirche (1489) wurde das Nottulner Kloster im 15. Jahrhunder nocheinmal vollständig neu errichtet

 

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Abtei und Kurien von 1493 bis zur Aufhebung des Stiftes 1811

 

Regelungen nach Aufgabe des gemeinsamen Lebens im Stift

Nach der Umwandlung des Klosters in ein Damenstift (1493) änderte sich das Leben im Kloster. Die Stiftsdamen ("Jungfern") lebten wohl schon bald in eigenen Haushalten ("Kurien").
Nach dem Tode der Äbtissin Anna von Dorsweiler-Criechingen wurden 1524 die Besitzverhältnisse durch die Äbtissin Elisabeth von Holstein-Schaumburg grundsätzlich neu geregelt.
Die Jungfern durften ihre Kleider, Güter und die sich daraus ergebenden Einkünfte für sich behalten. Ihren Pferden und Wagen, die sie in Nottuln halten, standen Weiderechte zu.

Der gesamte Besitz des Stiftes wurde auf Äbtissin und Konvent aufgeteilt:

Besitz: Anteil Äbtissin Anteil Konvent
Alle Kämpe, Gärten, Felder, Bruch- und Weideland Äbtissin von den Einkünften: 40 Reichsthaler
Garten bei der Pforte Der Teil, der mit "koelmoss" bepflanzt ist, von der Pforte bis an den Zaun den anderen Teil
Fischteiche Mühlenteich der Wessels Mühle (Zumbülte) 3 Teiche "hinter der Burg"
Gesinde in Brau- und Backhaus Äbtissin
Brennholz aus dem Marken 1/2 1/2
50 Fuder Holz für das Badehaus im Dormitorium Jungfern
Einnahmen:
allgem. Einkünfte des Stiftes 1/3 2/3
aus den Stiftsgütern 1/3 2/3
Renten- und Pacht 1/2 1/2
aus dem Multerkorn der beiden Mühlen 1/3 2/3
Mastertrag bei "eckern", "boeke" usw. 1/2 1/2
Heu-Ertrag 1/2 1/2
Der schmalen Zehnt Äbtissin
Pachtschweine (?) 26 Schweine
Opfer und Meßkorn der Kirche in Nottuln 1/2 Äbtissin; 1/2 Dechant
Unterhaltspflichten:
Kaplan der Äbtissin Äbtissin
Amtmann und Verpflegung des Vogtes 1/2 1/2
Küster Äbtissin, Kost aus der Abteiküche
Glockenläuter Jungfern, Kost aus der Abteiküche

Aus der Wahlkapitulation der Äbtissin Elisabeth von Holstein-Schaumburg
(Kohl 2005, 223-224)

 

Liste der Stiftsgebäude im Jahre 1589:

 

Gebäude Anzahl der Feuerstätten
Abtei 8
Äbtissinnenhaus (Elisabeth Droste zu Senden) 4
Dechantinnenhaus (Elisabeth Strick) 4
Jungfer (Adelheid) Mumme 5
Jungfer (Ursula) Valcke 4
Jungfer (Sibylla von) Schedelich 3
Jungfer (Anna) Ovelacker 6
Jungfer (Clara von) Büren (Dechantin 1592-1613) 3
Jungfer (Margaretha von) Mallinckrodt 5
Jungfer (Elisabeth von) Beveren 1
Jungfer (Agnes von) Velen 8
Jungfer (Agnes von) Raesfeld 2
Jungfer (Margaretha von) Billerbeck 1
Jungfer (Kunegundis von) Ascheberg 4
Jungfer (Margaretha von) Westerholt 3
zwei Mühlen 2
Hospital 2
Bauhaus 1
Uthoff und Tilling 2

Die Gebäude im Damenstift Nottuln 1589
Die Liste der Stiftsgebäude aus dem Jahre 1589 verzeichnet 22 Gebäude mit 70 Feuerstätten, darunter 12 Kurien sowie Abtei, Äbtissinn- und Dechantinnenhaus
(Kohl 2005, S. 45)

 

Plan Berteling 1748

 

Kurien im Damenstift Nottuln um 1750
Der Stiftskurien-Bestand südlich des Nonnenbachs (Norden rechts) wurde nach dem Brand von 1748 im Auftrag Johann Conrad Schlauns von Landvermesser J. H. Berteling aufgenommen
(Boer 1976, Abb. 99)

 

Rekonstruktion Stift um 1750

 

Das Damenstift Nottuln um 1748 (Phase 5)
Rekonstruktion der Bebauung nach den Plänen von Boner (Kloster, 1748) und Berteling (Stiftskurien, 1750).
Hintergrund: Urkataster 1826

 

Kuriengebäude am Nonnenbach, um 1890

 

Kuriengebäude am Nonnenbach, um 1890
mit dem noch unbefestigte Ufer des Nonnenbachs vor der Kettelerschen Kurie. Im Hintergrund die repräsentative Front der spätmittelalterlichen Twickelschen (von der Reckschen) Kurie, die ab 1780 auch offiziell als Abtei bezeichnet wurde
Foto: Stadtarchiv Münster Slg FS 47_1729

 

Blick von Hanhoffs Wiese (ehem. Kapitelgarten) auf das ehemalige Stift um 1913

 

Blick über Hanhoffs Wiese, dem ehem. Kapitelgarten, auf das ehemalige Stift um 1913.
Von links die Sendensche Kurie, die ehemalige Stiftsmühle, das um 1850 erbauten Anwesen Laun und die Aschebergsche Kurie mit ihren Nebengebäuden.
Foto: Postkarte, Verlag J. H. Niemann, Nottuln

 

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Versorgen und Verwalten: Hospitalare, Amtmänner und Dienstleute

Die Infrastruktur des Stiftes in Mittelalter und Neuzeit

 

Das Stift Nottuln nach dem Brand vom 3. Mai 1748

 

Das Stift Nottuln nach dem Brand vom 3. Mai 1748
Gut zu erkennen ist die Lage der Wirtschaftsgebäude im westlichen Teil des Stiftsimmunität.
Umzeichnung des Plans von Boner 1748. Hintergrund: Urkataster 1826

 

Die Launsche Mühle

 

Die Launsche Mühle
auf dem Platz der ehemaligen Stiftsmühle wurde erst 1975 für die Schlaunstraße abgerisssen
Foto: Heimatverein Nottuln

 

Nebengebäude des Merode-Hauses

 

Nebengebäude des Merode-Hauses
Erbaut zwischen 1750 und 1825 wurde es für den Bau des Hauses Steinhoff abgerissen. Das dahinter liegende "Merode-Haus" (Boer, Stiftsstraße 3) ließ Äbtissin Margaretha Theodora Agnes von Velen (1668-1750) direkt nach dem Großen Brand 1749 für sich neu errichten.
Foto: Heimatverein Nottuln

 

Das neue Tor zur Stiftsimmunität und die 1748 neu errichtete Amtmannei

 

Das neue Tor zur Stiftsimmunität und die 1748 neu errichtete Amtmannei
auf der Besitzkarte der Äbtissin Maria Anna von der Reck (1750)
LAV NRW, Westfalen, Karten A, Nr. 56.

 

Alte Amtmannei 1957

 

Die 1784 errichtete "Alte" Amtmannei (Aufnahme 1957)
Blick von Osten. Rechts der bereits im Oktober 1748 errichteten Wirtschaftsteil. Die Mauer im Vordergrund bezeichnet den Verlauf der Stiftsimmunität des 18. Jahrhunderts
(Boer 1981, S. 127)

 

Grundrissplan der 1784 neu erbauten Amtmannei

 

Grundrissplan (um 1830) der 1784 erbauten Amtmannei
Erdgeschossaufteilung von 1784 bis ca. 1835
(Boer 1981, S. 130)

 

Der östliche Teil der Stiftsimmunität 1916

 

Der östliche Teil der Stiftsimmunität 1916
unten der ehem. Stiftsgarten mit dem Nebengebäude des "Merode"-Hauses, darüber das 1970 abgerissene Schulgebäude auf dem Platz des vormaligen Hospitals (1196-1862).
Foto: Postkarte, Verlag J. H. Niemann, Nottulnx

 

 

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Ein Jahrtausend Klostergeschichte

Die Entwicklung des Stiftes Nottuln vom 9. bis zum 18. Jahrhundert

 

Plan Nottuln um 1000

Nottuln im 10. Jahrhundert
mit der ungefähren Lage der Nottulner Höfe und des Kanonissenstiftes sowie dem vermuteten Verlauf der wichtigsten überörtlichen Wege

 

Nottuln um 1200

 

Nottuln im 12. Jahrhundert
Das Klostergelände besaß im Nordosten des Klosters um 1200 bereits eine Ausdehnung bis zur Burgstraße, hier wurde 1196 das neue Hospital für auswärtige Reisende errichtet. Südlich des Nonnenbaches lag nun der dritte Schultenhof des Klosters (Schulte Niehoff)

 

Nottuln um 1400

 

Nottuln im 14./15. Jahrhundert
Der Neubau des Klosters um 1250 zeigt, wie wohlhabend das Kloster mittlerweile geworden war. Auch das Areal westlich der Klausur wurde nun genutzt. Deshalb wurde nun der Friedhof der Kirchengemeinde Nottuln auf die nördliche Seite der Pfarrkirche verlegt. Hier entstand in der Folgezeit einer der typischen westfälischen Kirchofspeicherringe

 

Immunität vor 1748

 

Nottuln kurz vor 1748
Die Kurien der Stftsdamen stehen südlich der alten Klosterklausur, einige auch südlich des Nonnenbachs. Im Osten der Immunität der befindet sich der Wirtschaftssbereich

 

Nottuln 1825

 

Der südliche Teil von Nottuln 1825
Zu erkennen sind die Umbauten des Stiftsgeländes nach 1750 mit den renovierten oder gänzlich neu erbauten Kurien sowie dem neuen, repräsentativen Zugang zum Stift mit seiner großen Allee.
(Spezial Charte von den durch einen Theil des Dorfes Notteln führenden Wegen, LAV NRW, Westfalen, Karten A 670)

 

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Weiterführende Literatur

Hans-Peter Boer: Der Nottulner Stiftsbezirk von 1748 - ein Werk Johann Conrad Schlauns. In: Ulf-Dietrich Korn (Hrsg.): Johann Conrad Schlaun 1695-1773. Schlaunstudien III (Münster 1976) S. 261-267.

Uwe Lobbedey: Ausgrabungen auf dem Stiftsplatz zu Nottuln. In: Westfalen 58 (1980), S. 45-54.

Hans-Peter Boer: Die Alte Amtmannei in Nottuln. Geschichtsblätter des Kreises Coesfeld 45 (1981) S. 125-139.

Hans-Peter Boer/Heinz Fliß: Nottuln in Alten Ansichten (Zwartbommel/NL 1982).

Wilhelm Kohl: Das (freiweltliche) Damenstift Nottuln. Das Bistum Münster 8. Die Bistümer der Kirchenprovinz Köln, Germania Sacra, NF 44 (Berlin/New York 2005).

Peter Ilisch: Das Dorf Nottuln in Mittelalter und früher Neuzeit. Geschichtsblätter des Kreises Coesfeld 45 (2020) S. 35-88.

Mathias Austermann/Sara Snowadsky: Von Bauern und Stiftsdamen. Die Ausgrabungen in Nottuln und Altennottuln 1976–1979. Mit Beiträgen von Christoph Grünewald, Peter Ilisch, Matthias Laarmann und Ulrike Steinkrüger (Münster 2021).
Die Broschüre steht hier zum Download bereit.

Peter Ilisch: Dorf - Adel - Kirche - Wirtschaft. Historische Fallstudien aus dem Münsterland. Westfalen in der Vormoderne. Studien zur mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Landesgeschichte 36 (Münster 2022).


Nützliche Links

Heimatverein Nottuln

Kreisheimatverein Coesfeld

Westfalischer Heimatbund

Altertumskomission für Westfalen

LWL-Archäologie für Westfalen

 

 

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